Eine Bresche für die Pfeifenraucher…

Wie wir alle wissen, wurde der Tabak das Erste Mal von Kolumbus auf seiner Rückfahrt nach Europa in unsere Gefilde gebracht. Allerdings ist er damals nicht selber auf den Geschmack gekommen; im Gegenteil. Als er seine Mannen mit glotzenden Augen auf Deck herumliegen sah, nachdem sie dem „Genuss“ gefrönt hatten, schrieb er in sein Tagebuch:“Was für einen Gewinn sie von dem glimmenden Saugrohr haben, verstehe ich nicht“. Die Matrosen antworteten ihm, dass sie ohne dieses „Teufelskraut“ nicht mehr leben könnten.
Es waren also die Matrosen, die 1493 den Tabak als Erste „genossen“.

Die ersten rauchenden Europäer waren also Seeleute. Unter den Seeleuten fand das neue Genussmittel zunächst auch seine Hauptverbraucher. Raleigh, der 1584 in Nordamerika die Kolonie Virginia gegründet hatte, brachte dann als Erster die Tabakpfeife nach Europa. Jetzt erst wurde der Tabak zum Seelen-Vitamin des Schiffsvolkes. Denn der Seemann kann ebenso wenig wie der Landmann mit einer brennenden Zigarre oder Zigarette in Wind und Wetter arbeiten, von der Feuersgefahr ganz abgesehen.
Es war die Pfeife, die dem Tabak zum weltweiten Siegeszug verhalf.

Am längsten hielt sich die Pfeifentradition in England; wohl auch, weil das die grösste Seemacht war und die abgeheuerten Seeleute auch in der Pension auf den Genuss des Pfeifenrauchens nicht verzichten wollten.

Die Tabakspfeife ist also ein Geschenk der nordamerikanischen Indianer; dort meistens geraucht um Vertragsabschlüsse und andere Zeremonien zu begleiten. Deshalb auch die Bezeichnung Friedenspfeife.

Dies hatte sich, wohl auch begründet durch diese Tradition des besiegeln eines Vertrages oder eines Friedens mit Pfeifenrauchen, auch auf die Seemänner ausgedehnt. Die alten Seebären reichten einem neu zur Mannschaft gestossenen Leidensgenossen ihre brennende Pfeife, nachdem er das Mundstück an seinem Jackenärmel abgewischt hatte. Dieser Brauch zog sich bis ins 18 Jahrhundert hin.

Seit es sich die Schiffe eroberte, ist das Pfeifenrauchen zur männlichsten Form des Tabakgenusses geworden. Während Zigaretten zum Begleitbild der hektischen Nervosität der Festlandzivilisation geworden sind, stellt die Pfeife das Sinnbild ausgewogener Ruhe dar.

Allerdings gab es auch schon früher Leute, die vehement gegen das Teufelszeug missionierte; wenn heute vor allem Gesundheitsfanatiker und „Antigenussmenschen“ einen Kreuzzug gegen das Rauchen führen, so waren es früher vermehrt religiöse Eiferer.

Ein zorniger Jesuit wetterte im 17. Jahrhundert: „Wenn solch ein Schiff mit Tabak aus fernen Ländern im Hafen einläuft, können sie es gar nicht erwarten, bis die stinkende Ware ausgeschifft wird. Darum steigen sie in das nächste Boot und lassen sich an Bord führen. Man muss ihnen eine Kiste öffnen und eine Rolle abschneiden. Alsdann prüfen sie das Unkraut mit den Zähnen und beissen rein, als wenn es der beste Leckerbissen wäre. Befinden sie es nach ihrem Wunsche beschaffen, da entbrennen sie von Begierde und sind vor Freude nicht mehr bei sich selber.

So war das also !

Ein weiterer Gegner des Tabaks war James der Erste von England (oder sechste von Schottland); er bestrafte, als katholischer Eiferer, die „Lasterknaben“ die rauchten mit Ohrenabschneiden! Aber selbst diese drakonischen Strafen konnten den Siegeszug des Tabaks nicht aufhalten. Schon gar nicht Seeleute, die für Abstinenzler jeder Art immer nur ein Lächeln übrig hatten.

Eine Frau muss nach guter Seife riechen; ein Seemann nach Tabak.

Wenn also heute in geselliger Runde gequalmt und genossen wird, sollte man sich auch mal daran erinnern, dass wir diesen Genuss den Seemännern verdanken.

Diese hatten sich allerdings auch selbst das grösste Geschenk gemacht. Denn es gab keinen grösseren Trostspender für die langen Wochen auf hoher See als der Tabak.

Und Melville sagt: Nach jeder Mahlzeit eilten sie zur Kombüse und erquickten ihre Seele mit einem Pfaff.

Ohne Pfeife war ein Seemann damals nicht vorstellbar; und die meisten Kosenamen für die Pfeife sind auf dem Wasser entstanden:
Knösel, Babbeljan, Genusswurzel, Kalkstummel, Rotzkocher oder Jaucheschöpfer.

Nun konnte man aber auch damals auf den Schiffen nicht unbeschränkt rauchen. Da die Schiffe aus Holz waren, gab es eine Bestimmung, nach der das Rauchen nach Sonnenuntergang verboten war. Auf Kauffahrern wurde das nicht so genau genommen. Aber auf Kriegsschiffen zog die Übertretung des Verbotes strenge Strafen nach sich.

Shanty: Fire in the galley, fire in the house

Erstaunlich; aber es gibt keine, oder ich habe zumindest keine gefunden, Shanties die vom Pfeifenrauchen handeln. Liebe, Essen, Frauen, Sturm und Wind; alles; aber nicht von der Pfeife.

Mögen die verbleibenden Zigarettenrauchenden Stoertebekers auf die Pfeife umsatteln!
In diesem Sinne
Peter Widmer