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- die Geschichte von dem Jungen, der von klein an immer auf ein Schiff wollte
Aufgewachsen ist er auf einem Bauernhof als Verdingbub unter fremden Leuten und unter nicht immer angenehmen Zeiten. Das Alleinsein mit all seinen Gedanken, die niemanden interessierten, war nicht immer leicht zu ertragen. Arbeit war das Motto aller Tage. Die einzigen Zuhörer seiner Fragen waren die Tiere auf dem Hof und deren Antwort er leider aber nicht verstehen konnte. Dies alles liess ihn mit Sehnsucht auf das Ende seiner Schulzeit plangen. In der spärlichen Freizeit an den Sonntagen half er in der Küche eines nahe gelegenen Hotels. Beim Netzeinholen im See fragte ihn der Chef des Hotels einmal, was er eigentlich im späteren Leben werden wolle. Auf die Antwort des Jungen hatte der Mann sofort reagiert und er machte den Buben darauf aufmerksam, dass es in Basel ein Schulschiff gäbe und er half ihm auch bei seiner Bewerbung. Das alles ohne das Wissen des Bauern der insgeheim hoffte, einen billigen Knecht unter seinem Dach zu haben.
Die Zusage kam in kürzester Zeit. Die Abschiedsworte des Bauern vom Türeingang aus waren: „Hoffentlich läuft das Schiff, auf das du kommst, bald auf eine Mine“. Diese Worte liessen den Hals schon etwas eng werden und das schlucken wurde schwer. Mit 15 1/2 Jahren zum erstenmal allein eine Reise in eine fremde Stadt zu machen hat schon etwas Beklemmendes. Man schrieb den 15. August 1943, als er seine Füsse auf die Planken des Schulschiffes LEVENTINA in Basel setzte. Dies ist die weitere Geschichte. Nach absolvieren des Kurses auf dem Schulschiff begann die 3 jährige Lehre zum Matrosen.
Das Leben an Bord der Schiffe war hart, aber es gab ihm die Form für sein ganzes Leben. Zu allem kam dann noch die Angst allein unter fremder Besatzung zu sein. Ab und zu lag man Längsseit mit anderen Schiffen der Reederei und da waren manchmal auch Schiffsjungen an Bord die er kannte und mit denen er sich unterhalten konnte Aus den Gesprächen hörte er oft den Ausdruck Heimweh, dann fühlte er sich sehr stark, denn dieses Wort war ihm selber fremd. Nach wem oder was sollte er denn schon Heimweh haben? Angst war auch vorhanden bei den vielen Bombenangriffen, den Maschinengewehrsalven der Bordschützen, wenn Flieger im Tiefflug angriffen. Nicht zu vergessen die verdammten Treibminen. Die vielen Toten in den Unterstandsgräben raubten zuweilen den Schlaf. Hunger und Müdigkeit trugen dann noch dazu bei, um sich so richtig beschissen vorzukommen, wenn man sich in die Koje legte. Das Brummen der Motoren angreifender Flugverbände klingt heute noch in seinen Ohren nach. Manchmal nach Auslaufen aus einem Hafen, besonders wenn man Feinkohle geladen hatte, war tagelanges pumpen angesagt. Dies war eine monotone Arbeit bei der man ruhig von etwas Schönem träumen konnte. Oft kam es auch vor, dass ein Teil der Besatzung auf Strom liegender Schiffe an Land gebracht werden musste. Der wachhabende Schiffsjunge hatte, wenn der Ruf zum an Bord holen erschallte und das meist nach Mitternacht, sofort das Beiboot klar zu machen und Matrosen oder den „Alten“ an Bord zu holen. Bei stockdunkler Nacht und reissendem Strom ein nicht leichtes unterfangen. Die Gefahr abgetrieben zu werden holte zuweilen die letzte Kraft aus dem Körper. Die nachfolgende Abreibung seitens der älteren Besatzungsmitglieder folgte dann wie das Amen in der Kirche. Das alles hat seine Gedanken beflügelt, später mit Untergebenen nicht so vorzugehen wie diese „Schinder“, aber irgendwie ist er ihnen doch dankbar, denn beruflich hat er sehr viel gelernt. Da waren noch viele Arbeiten an Bord zu verrichten deren Fachausdrücke nicht in einem Satz zu erklären sind, die aber unabdingbar zu diesem Beruf gehören.
Natürlich gab es auch Zeiten, wo man in einem Hafen auch an Land gehen konnte. Sollte man nun auch nach amourösen Begebenheiten in diesem Bericht suchen, so sei dabei gesagt: „Darüber schweigt des Sängers Höflichkeit“.
Bei Kriegsende zog die Reederei alle Schiffsjungen und Matrosen von den Schiffen ab und steckte sie in ein Lager im nahen Baselbiet. Zwei Bauernhöfe waren zu bewirtschaften. Der junge Mann wurde zuerst in die Mannschaftsküche beordert und etwas später hatte er das Glück einem Holzfäller zugeteilt zu werden. Im Übrigen wurden Strassen gebaut und dies alles nach militärischer Ordnung. Sicher eine gute Tat der Reederei. Oder war es eher ein etwas schlechtes Gewissen. Wo waren da die Psychologen und Psychiater die von Staateswegen hilfsbereit einem zur Seite stehen? Diese Gedanken kamen erst Jahre später, als er die Jugendjahre hinter sich hatte und selber Verantwortung und das Kapitänspatent in seiner Tasche hatte. Ein alter holländischer Kapitän sagte einmal im Gespräch: „Ich begreife nicht, dass die Schweiz Kinder in den Krieg schicken konnte“??
Nach einer Zeit auf der Seeschleppfahrt zog der Mann aus familiären Gründen an Land, aber in seinem Herzen hegte er immer den Wunsch: Fahren, fahren, Gott lass mich fahren.
Das ist ein Teil der Laufbahn dieses Mannes.
Hier noch ein kleines Gedicht, das dem Mann später bei einer Klassenzusammenkunft zugesteckt wurde.
Verchoschtgälte
„Hösi“ händs dem Schuelchind gseit,
de Name het är schlächt vertreit.
Verchoschtgältet bi me grosse Puur,
vo Näschtwärmi und Liebi e kei Schpuur.
Verdingbueb sie, isch gwüss nid ring,
au si Poschtur nur chli und gring.
Scho früeh au vo de Muetter trennt,
de Vater het er gar nie kennt.
De „Hösi“ isch e Tröimer gsi,
au punkto lehre nie debi.
Drum händ e d Schüeler mängisch ploget,
de Bueb het alles abegworget.
S lehre ihm zum Hals usghanget,
ufs ändi Schuelzyt het är planget.
So isch är denn zmitzt i de Nacht,
devo gsi – wo de Puur verwacht.
S het niemer gwüsst wie wyt -wohee,
di vile Johr us nümme gseh.
Vom „Hösi“ nie me öppis ghört,
s verschwinde-het au niemer gschtört.
S isch mängs passiert i der Zyt,
zwänzg Johr jetz scho dehinde lyt.
Per Zuefall – de es Auto gseh –
ha dänkt: wo wott de Maa au hee.
Parkiert de Wage bim Schuelhusbrunne,
schtygt us, er het sich nochli bsunne.
De lauft er no ums Schuelhus umme,
wer isch de nobli Ma ächt nume.
Grad vo de Schtäge blybt er schtoh –
schtudiert er syner Jugend noh?
Gar mängs chunnt em de no i Sinn,
vom träume i sym Schuelbank inn.
Mer het e für e dumme ghaltet,-
doch o halätz -wo är het galtet!
Nochegholt – was i de Schuel versuumet,
Schtrau im Hirni usegruumet.
Er het mi gseh – lauft uf mi zue –
de Gwunder loht mi nid i Rueh.
Er schtreckt mir d Hand – luegt mir i d Auge,
ich muess ihn kenne, chuum zum Glaube.
I gsehne no im Schuelbank hocke –
jetz lueg ihn a – e rächte Mocke.
Chumm ie, das mues doch gfyret sy –
i hole grad e Fläsche Wy.
D Erinnerige wärde wieder wach,
I eusere Schuelzyt mänge Krach.
Doch nodigsnoh – alls überwunde –
Dank dem – e – liebi Frou ha gfunde.
Gly drüberabe-scho ghürotet,
zwee Buebe, beidi sind au guet grotet.
Die selle e besseri Jugend ha –
um zum es Läbelang chönne zeere dra.