Die etwas andere Seite des Lebens auf See


Ich bitte, diese Zeilen mit dem nötigen Vorstellungsvermögen zu lesen und danke dafür.


Vers aus einem alten holländischen Seemannslied:
Fahren, fahren, immerzu fahren, so ist das Seemannsleben.
Fahren, fahren, auch birgt es Gefahren, dafür will er alles geben.
Er bekommt von niemandem einen Ehren-Orden, auch tut er mehr noch als seine Pflicht.
Und wenn er ein Grab in den Wellen findet, weiss man nicht mal wo er liegt.
Auf einem Seemannsgrab da liegen keine Rosen,
auf einem Seemannsgrab sieht man auch kein hölzernes Kreuz.
Niemand weiss wer da seinen Ruheplatz hat auserkoren
auf diesem stillen Platz so Meilenweit von zu Haus

Besonders aber bitten wir dich für die, die an Bord von Schiffen ihr Brot verdienen. Segne, segne die Männer auf See und auf den Flüssen, behüte Mann und Schiff vor allen Gefahren. Die gefurchte Stirn des Pfarrers berührte fast das schwarze Tuch mit dem die Kanzel bedeckt war. Er hielte inne und liess die grosse Stille kommen. Totenstill wurde es in der kleinen Kirche an der See. Regungslos sass die Gemeinde da. In die Augen kam eine Dunkelheit von aufsteigenden Tränen.

Und in dieser Stille nahm die See das Wort. Die Nordsee, die Mordsee mit ihren jagenden zerrissenen Wolken, mit ihrem pfeifenden brausenden Sturm, mit ihren haushohen Wellen, schäumenden brüllenden Seen, mit Brand und Wetterleuchten, mit Dünung und Gewitter, mit geborstenen Segeln, gebrochenen Masten, blackenden Notfackeln, verlorenen Wracken und um hilfeschreienden Menschen deren letzte Hoffnung es war, durch irgendjemandem gerettet zu werden.

Und es war niemand da, der nicht ihre Stimme vernommen hätte. Von den mittleren Bänken kam ein schluchzen und weinen. Dort sassen die Witwen in ihren schwarzen Kleidern, deren Angehörige ihr Leben der See gegeben hatten. Mit ihren dunklen Kopftüchern waren sie anzusehen wie Morgenländische Klageweiber.

Ganz zuhinterst sass die Greise Geesche Witten, tiefe Runen in ihrem Gesicht, das einer Landkarte ähnlicher war, als einem Menschenantlitz. Sie konnte nur noch für Tote beten, denn alles Leben hatte sie der See gegeben: ihren Vater der vor der holländischen Küste über Bord gekommen war, ihren Mann, der in den sechziger Jahren mit seinem Schiff untergegangen war, ihren Bruder, den sich die See fünf Jahre später bei Amrun geholt hatte. Sie wohnte ganz alleine in ihrem grossen leeren Dachhaus zwischen Netzen und Segeln, die die geliebten zurückgelassen hatten und wunderte sich, dass sie immer noch lebte und dass auf ihrem Kirchenplatz nicht schon lange eine andere sass.

 

 

Zu ehren all deren die auf See oder auf Flüssen ihr Leben gelassen haben und nie vergessen werden, singen die Störtebekers aus ihrem Repertoire:

 

00:00
00:00
  • The sailor boy 00:00